Die Demografische Entwicklung im Landkreis Tuttlingen mit all ihren Facetten

Trossingen. Ein Feuerwerk an Informationen, wie es Gustav Betzler nach dem Vortrag nannte, hatte Sozialdezernent Bernd Mager zur Jahreshauptversammlung der Freien Wähler mitgebracht.

„Bereits in fünf bis sechs Jahren werden wir in Deutschland etwa 500000 Einwohner weniger haben, im Jahr 2040 werden es statt wie heute 80 nur noch 50 Millionen Deutsche sein“, sagte Mager, allerdings habe der Zuwanderungs-Landkreis Tuttlingen mit derzeit 135000 Einwohnern eine Sondersituation, mit noch zu erwartenden 128000 Einwohner werde sich der Einwohner-Rückgang in Grenzen halten. Während im bundesdurchschnitt die Geburtenquote 1,3 Kinder pro Frau ist, sind es im Landkreis Tuttlingen 1,65 Kinder. Dass die Bevölkerung immer älter wird, zeigte Magre anhand weiterer statistischen Zahlen auf:  Heute werden Männer durchschnittlich 79 und Frauen 84 Jahre alt, in den 1970er Jahren waren es noch zehn Jahre weniger. „Pro Jahrgang werden die Deutschen ein Viertel Jahr älter“, ein heute geborenes Mädchen habe die gute Chance 100 Jahre alt zu werden. „1962 hat es in Deutschland 460 Hundertjährige gegeben, im Jahr 2040 werden es über 100000 sein“.  In Trossingen gab es im Jahr 2008 insgesamt 98 über 90-Jährige, bis 2030 werde  sich die Zahl mit etwa 375 Menschen vervierfacht haben.

In Bezug der Versorgung älterer Menschen betonte Mager, dass tatsächlich 2/3 der Pflege zu Hause innerhalb der Familie stattfinde, aber schwerpunktmäßig von Frauen verrichtet werde. Eine wohnortnahe stationäre Versorgung bieten die insgesamt 15 Seniorenheime im Kreis. „Trossingen ist mit seinen zwei Seniorenheimen dabei sehr gut aufgestellt“, betonte Mager, wobei die ambulanten Angebote von Nachbarschaftshilfen bis zum immer größer werdenden Freien Markt eine große Bedeutung hätten. Auch habe die Politik mit der Verlängerung der Lebensarbeitszeit einen richtigen Schritt getan, der Sozialdezernent meinte, dass diese sogar bis auf das 70. Lebensjahr hinauslaufen werde.

Auch auf die Kinder- und Familienfreundlichkeit wurde in den vergangenen Jahren ein großes Augenmerk gelegt: “2005 hatten wir im Kreis Tuttlingen sechs Krippenplätze, heute sind es knapp 500“. Trossingen habe mit Krippenplätzen im Kinderschutzbund , Plätzen in freier Trägerschaft aber auch mit Tagesmüttern diesbezüglich eine enorme Leistung erbracht, denn „alleine die Kommunen können dies nicht stemmen“. Mit Betriebskrippen, wie dies seit sechs Jahren im Landratsamt Tuttlingen sehr erfolgreich praktiziert werde,  können Betriebe für ihre Mitarbeiter einen zusätzlichen Reiz schaffen. Ein Problem sei derzeit noch die verlässliche Betreuung für Kinder bis zu zehn Jahren, das es noch zu wenige Ganztageskindergärten und –Schulen mit verlässlichen Öffnungszeiten gebe. Mit der Kinderzahl sei Trossingen gut aufgestellt und sie werde entgegen dem allgemeinen Trend in Trossingen eher leicht zunehmen. „Die 35 kleineren Kommunen des Kreises werden dagegen größere Probleme mit der Einwohnerentwicklung haben“ meinte Bernd Mager mit Blick auf die Urbanisierung „da ist für die Zukunft die Kreativität der Bürgermeister gefragt, die interkommunale Zusammenarbeit der kleinen Gemeinden steht am Anfang“, denn junge Menschen zieht es wieder in die Stadt. Insgesamt sei Tuttlingen ein kinderfreundlicher Landkreis – Geburtenpass und zwei Jahre kostenlose Windeltonne seien kleine Gesten der Wertschätzung, meinte der Sozialdezernent.

Im Landkreis Tuttlingen könne man mit 2,6 Prozent Arbeitslosigkeit von Vollbeschäftigung reden, sagte Mager. Bei der Jugendarbeitslosigkeit habe man das gesteckte Ziel null Prozent gewissermaßen erreicht: Unter den 135000 Einwohnern gibt es derzeit lediglich 14 gemeldete arbeitslose Jugendliche (Hartz IV).  In südlichen Ländern wie Spanien und Portugal herrsche bis zu 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Deshalb sei es wichtig, dass viele Firmen im Kreis sich gegenüber Zuwanderern öffnen. „Aber man muss darauf achten, wen man reinlässt, eine gesteuerte Zuwanderungspolitik ist wichtig, es müssen gut qualifizierte Kräfte sein, die geholt werden“. Auch die Erfahrung älterer Arbeitnehmer werde mehr denn je geschätzt, die Gruppe 50+ erfahre  so neue Chancen. Zum anderen werde viel Geld und Energie in junge Menschen mit Handicap investiert, so dass jeder Jugendliche seine Chance bekomme.

Dass Tuttlingen ein Zuwandererlandkreis ist hat er zum einen der vielen Industriebetriebe, die an hochqualifizierten Fachkräften  interessiert sind, zu verdanken. Es habe aber auch ein wenig mit seiner sehr verkehrsgünstigen Lage und einer reizvollen Landschaft mit vielerlei Freizeitangeboten für Familien zu tun. Das Fazit von Sozialdezernent Bernd  Mager: „Insgesamt ist der Landkreis Tuttlingen sehr gut aufgestellt“.